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Protokoll
zur Einstellung auf physiologische Werte
bei diabetischen Katzen mit Lantus® oder Levemir®

Wichtige Hinweise

• sprich mit deinem Tierarzt oder deiner Tierärztin und erhalte seine/ihre Zustimmung für die Anwendung von diesem Protokoll bei deiner Katze!!!
• kommuniziere regelmäßig mit deinem Tierarzt oder deiner Tierärztin über die Entwicklung der Blutzuckerwerte und dem Gesundheitszustand deiner Katze
• bringe deine Katze sofort zur Tierklinik wenn sie weitere Probleme entwickeln sollte (z.B. Ketone, Unterzuckerung, Erbrechen, Fieber, Infekte, usw.)

Weitere wichtige Infos

• dieses Einstellungsprotokoll ist von Mitgliedern des Diabetes-Katzen Forums entwickelt worden, die Laien sind. Das Protokoll ist 2009 im Journal of Feline Medicine and Surgery publiziert worden.
• die Mehrheit von Katzen lassen sich sehr gut mit diesem Protokoll einstellen, einige Katzen tun dies nicht
• es ist zeitaufwendiger als die meisten anderen Protokolle, aber trotzdem gut einsetzbar wenn man voll berufstätig ist
• es ist teurer als die meisten anderen Protokolle, aber die Kosten können reduziert werden wenn man z.B. Teststreifen bei eBay kauft
• du musst Hometesting machen und mehrmals pro Tag die Blutzuckerwerte deiner Katze kontrollieren
• du musst dich mit Unterzuckerung (Hypoglykämie) vertraut machen, wissen wie man damit umgeht und vorbereitet sein
• du musst regelmäßig nach Ketonen testen und wissen was Ketoazidoseist, aber auch wissen, dass Ketone bei einer gut eingestellten Katze nicht vorkommen so lange sie gut eingestellt bleibt
• du brauchst einen Glucometer der für Menschen mit Diabetes hergestellt wird und der neuesten Isonorm entspricht. Er sollte weniger als der 0.6 µL Blut pro Test benötigen. Dieses Protokoll wurde mit Glukometern entwickelt, die Vollblut (nicht Plasma-Äquivalent) gemessen haben, und bis 2013 wurden solche Vollblut kallibrierte Glukometer benutzt. 2013 fand eine Umstellung auf Plasma kallibrierte Glukometer statt. Es zeigte sich, dass das Einstellungsprotokoll uneingeschränkt weiter benutzt werden konnte.
• du brauchst Spritzen die es ermöglichen kleinste Mengen von Insulin akkurat abzumessen: U100-Typ, 0,3 ml Gesamtvolumen und mit halben Einheiten auf der Spritze aufgedruckt (haben deswegen die Bezeichnung "DEMI")
• du musst die richtige Diät füttern: ausschliesslich hoch qualitatives Dosenfutter mit sehr wenig Kohlenhydraten oder eine sorgfältig hergestellte kohlenhydratarme Rohfutterdiät
• du musst viele kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt füttern

Phase 1: Startdosis

In den meisten Fällen sollte die Startdosis von Lantus oder Levemir bei 0,25 IE/kg liegen, berechnet mit dem Idealgewicht der Katze. Das Insulin wird 2x täglich im Abstand von 12 Stunden gegeben ("BID"). Wenn die Katze vorher eine andere Sorte Insulin erhalten hat, sollte man bei der Wahl der Startdosis diese Infos zur Kenntnis nehmen und möglicherweise eine niedrigere oder höhere Startdosis wählen. Man sollte auch wissen, dass obwohl Lantus und Levemir eine längere Wirkdauer bei Katzen haben, sie generell eine geringere Wirkstärke haben.

Die Katze sollte an der ersten 3 Tagen mit Lantus/Levemir sorgfältig beobachtet werden: Kurven sollten 3 Tage zwischen der Dosis morgens und abends gemessen werden z.B. Morgen-Pre, +3 Stunden, +6 Stunden, +9 Stunden, Abend-Pre. Die Startdosis wird meistens 3 Tage gehalten. Nach Ketonen sollte täglich gemessen werden. Katzen die Ketone entwickeln oder sehr hohe Blutzuckerwerte haben, können ihre Dosis früher erhöht haben (nach 24-48 Stunden). Es ist kommt selten vor, dass eine Katze in den ersten 3 Tagen ihre Dosis reduziert haben muss, aber wenn die Werte der Katze 50 mg/dl unterschreiten, reduziere die Dosis.

Die regelmäßige Messung (mindestens ein Mal wöchentlich) von Kurven bei den Blutzuckerwerten ist besonders wichtig, wie auch das Messen von allen Pre-Werten und stichprobenartigen Kontrollen zu anderen Zeiten. Es ist wichtig zu wissen, dass die meisten Katzen keinen zeitlich reproduzierbaren Nadir haben und es nicht ungewöhnlich ist den Nadir bei +12 Stunden nach einer Spritze zu messen. Wenn du eine Katze haben solltest, die sehr reproduzierbar reagiert, kannst du weniger messen als bei einer Katze die variabel reagiert.

Phase 2: Erhöhung der Dosis

Bei den meisten Katzen muss die Dosis erhöht werden. Erhöhe in Schritten von 0,25 IE oder 0,5 IE (0,25 IE wenn die Dosis relativ niedrig ist und/oder die Werte relativ niedrig sind, 0,5 IE wenn die Dosis relativ hoch ist und/oder die Werte relativ hoch sind). Halte jede Dosis 5-7 Tage lang. Wenn die Katze jedoch ausschließlich hohe Blutzuckerwerte produziert (Nadir immer >=300 mg/dl), sollte die Dosis nicht länger als 2-3 Tage gehalten werden bevor sie um 0,5 IE erhöht wird. Andernfalls, wenn die Katze kontinuierlich moderat erhöhte Blutzuckerwerte produziert (Nadir immer >=200 mg/dl), erhöhe die Dosis jede 2-3 Tage um 0,25 IE (wenn die Dosis relativ niedrig) oder 0,5 IE (wenn die Dosis relativ hoch ist). Teste ab jetzt einmal pro Woche nach Ketonen, oder öfter wenn die Werte noch kontinuierlich >=200 mg/dl liegen.

Viele Katzen reagieren auf eine Dosis-Erhöhung kurz mit erhöhten Blutzuckerwerten - meist in den ersten 2 bis 3 Tagen, die aber nicht länger als 24 Stunden anhalten. Keiner kennt die Ursache für dieses Phänomen (vielleicht eine sogenannte "Panicky Liver"?) - halte die Dosis und ignoriere die Fluktuationen.

Es ist sehr wahrscheinlich, wegen dem Wirkungsmechanismus von Lantus und Levemir (sie scheinen meistens deutlich länger als 12 Stunden in Katzen zu wirken und produzieren damit Überlappungen bei den Dosen), dass du das Problem von einem niedrigen Pre-Wert haben wirst. Versuche die ersten Male die Dosis etwas zu reduzieren um zu sehen was passiert - mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Blutzuckerwerte steigen. Eine Alternative ist die Katze zu füttern, 1 bis 2 Stunden zu warten, wieder zu testen und wenn die Blutzuckerwerte anfangen zu steigen, die normale Dosis zu geben. Eine weitere Alternative ist die Dosis aufzuteilen: füttere die Katze, gib ihr den Großteil ihrer normalen Dosis und dann, 1 bis 2 Stunden später wenn die Blutzuckerwerte am Steigen sind, den Rest. Aber in den meisten Fällen war keiner dieser Methoden so effektiv wie eine konsistente Dosierungs-Strategie. Du musst lernen wie deine Katze auf Lantus/Levemir reagiert bevor du die beste Methode entwickelst mit diesem Problem umzugehen.

Versuche einen Weg zu finden die Dosis mengenweise und zeitlich so konsistent wie möglich zu halten: "Dosis-Hopping" oder die tägliche Veränderung der Dosis funktioniert bei Katzen mit Lantus/Levemir nicht. Fluktuationen sind in dieser Phase fast immer zu beobachten, bevor sich die Werte unter konistenter Dosierung stabilisieren: einen typischen Verlauf von einer Katze nach dem Start mit Lantus kann man hier betrachten.

Wenn die Katze beginnt regelmäßig bzw. täglich viele Werte im physiologischen Bereich bzw. die einer gesunden Katze zu haben (50 bis 80 mg/dl), wechsele zu Phase 3. Es ist unwichtig wann du diese niedrigen Blutzuckerwerte misst - ob es der Pre-Wert oder ein Wert irgendwann zwischen den beiden Spritzen ist egal. Diesen Punkt zu erreichen dauert oft einen Monat, manchmal wesentlich länger. Katzen sind bei der maximal erreichten Dosis von Lantus/Levemir extrem unterschiedlich: die maximal erreichten Dosen reichten von 0,5 IE bis 10,0 IE BID im Diabetes-Katzen Forum, die meisten Katzen brauchten aber zwischen 1,0 IE und 5,0 IE BID.

In den letzten 15-20 Jahren haben experimentelle Studien bei Menschen mit Diabetes gezeigt, dass der Somogyi Effekt (auch Gegenregulation genannt) nicht existiert. Die Existenz dieses Phänomens ist bei Katzen niemals experimentell bewiesen worden. Die Insulin-Dosis wird so angepasst wie oben beschrieben: wenn du die Dosis reduzierst um zu sehen ob die Katze gegenreguliert, produzierst du nur ungesunde (und unnötige!) hohe Blutzuckerwerte.

Phase 3: Dosis halten

Man sollte versuchen der Katze eine Dosis zu geben, die es ermöglichte die Blutzuckerwerte zwischen 50 und 200 mg/dl jeden Tag zu halten. Der Mehrzahl von Katzen schaffen es auch stabile Werte zwischen 50 und <100 mg/dl zu erreichen. Das Profil einer gut eingestellten Katze findet man hier.

Die Werte sollten aber 50 mg/dl nicht unterschreiten. (N.B. Es gibt manche Katzen die nicht reguliert werden können wenn nicht auch Werte >40 mg/dl zur Einstellung gehören, aber man sollte bei der Dosierung sehr vorsichtig sein bis man weiss, dass man so eine Katze hat). 200 bis 220 mg/dl ist der Nierenschwellenwert bei Katzen und die gesamten Blutzuckerwerte unter diesem Schwellenwert zu halten ist für die Gesundheit der Nieren und der Erholung des gesamten Systems wichtig. Diese Phase kann möglicherweise viele Monate dauern. Manchmal sind kleine Veränderungen bei der Dosis nötig.

Wenn die Werte der Katze in dem physiologischen Bereich sind und bleiben, treten keine Ketone mehr auf und man kann die Messung nach Ketonen einstellen. Wenn die Katze aber z.B. einen akuten Infekt entwickelt, sollte man sofort wieder mit dem Testen nach Ketonen beginnen und die Dosis anpassen.

Phase 4: Reduzierung der Dosis

Wenn die Katze mindestens eine Woche lang konsistente Blutzuckerwerte in dem physiologischen Bereich bzw. die einer gesunden Katze hat und generell unter 100 mg/dl bleibt, sollte man versuchen die Dosis zu reduzieren. Oder wenn die Katze 3 Mal an 3 seperaten Tagen Nadire zwischen 40 - <50 mg/dl produziert, versuche die Dosis zu senken. Wenn die Katze unter 40 mg/dl fällt, reduziere die Dosis sofort! Die Reduzierung der Dosis sollte sehr langsam gemacht werden, mit einer Schritt-für-Schritt-Methode (0,25 oder 0,5 IE Schritte). Bei jeder neuen Dosis, sollte sichergestellt werden, dass die Katze immer noch stabil im physiologische Bereich liegt bevor die Dosis weiter reduziert wird.

Wenn die Katze nach einer Reduzierung nicht im physiologischen Bereich bleibt, sollte die Dosis sofort wieder auf die letzte gute Dosis erhöht werden. Manchmal kann einen Katze ein bis zwei Tage ihre Blutzuckerwerte im physiologischen Bereich halten nach einer Reduzierung, aber dann fangen die Blutzuckerwerte wieder an zu steigen weil die Bauchspeicheldrüse noch nicht ganz bereit ist für die niedrigere Dosis. Versuche auch die Dosis von 0,25 IE zu einen Tröpfchen zu reduzieren bevor du ganz mit dem Insulin aufhörst. Eine schnelle Reduzierung der Dosis funktioniert bei den meisten Katzen nicht: die meisten Katzen gehen mit einer zu schnellen Reduzierung nicht in Remission.

Phase 5: Remission

14 Tage ohne Lantus oder Levemir mit physiologischen Blutzuckerwerten. Die meisten Remissions-Katzen verbringen den ganzen Tag im gesunden physiologischen Bereich (50 bis 80 mg/dl), aber in einigen Fällen werden manchmal Ausreisserwerte nach oben und nach unten gemessen. Es ist sehr wichtig weiterhin ein kohlenhydratarme Nassfutterdiät zu füttern und Cortison zu meiden. Man sollte die Blutzuckerwerte der Katze ein Mal pro Monat überprüfen.

Etwa 25% der Katzen die mit diesem Protokoll in Remission gegangen sind, mussten irgendwann wieder mit Insulin behandelt werden (die häufigsten Ursachen sind Schilddrüsenüberfunktion oder Pankreatitis-Schübe). Es ist wichtig, die Diabetes-Ausrüstung aktuell zu halten so, dass man sofort auf einen Rückfall mit Insulin und Hometesting reagieren kann. Je schneller man reagiert (bzw. erhöhte Blutzuckerwerte verhindert und die korrekte veterinärmedizinische Behandlung für die Katze einleitet), desto wahrscheinlicher wird eine 2. Remission.

Leider ist es auch folgendes eine Tatsache: je länger eine Katze an Diabetes erkrankt ist, desto unwahrscheinlicher schafft sie eine Remission. Viele Langzeitdiabetiker bleiben in Phase 3 oder Phase 4 hängen. Aber für diese Katzen gibt es trotzdem einen Vorteil durch dieses Protokoll: physiologische Blutzuckerwerte erlauben es der Katze viel länger ohne die üblichen schweren Komplikationen von Diabetes zu leben. Oft sinken auch die benötigten Insulin-Mengen auf ein Minimum.

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